So kommt vielfältiges Leben in den Naturgarten

Wilde Ecken, Bäume und andere Lebensräume

Nicht nur ausgewählte, heimische Blüh- und Futterpflanzen tragen zu einem naturnahen Garten bei. Es gibt weitere Möglichkeiten und Ideen, wie sich kleine und große Gärten in eine Oase für Insekten, Vögel, Fledermäuse und andere Tiere verwandeln lassen! Mit das Wichtigste:  Etwas weniger Pflege und Ordnung bedeutet meist mehr Natur und Vielfalt.

 

 

Mehr Wildnis wagen: Wilde Ecken beleben jeden Naturgarten

 

Ein paar „wilde Ecken“ sind das Tüpfelchen auf dem „i“ jedes naturnahen, tierfreundlichen Gartens. Gemeint sind Bereiche und Nischen, in denen wir die Natur sich selbst überlassen, nichts pflegen, ordnen oder wegräumen. Für viele Insekten, Vögel, Amphibien oder auch Igel sind solche ungepflegten Bereiche ergiebige Futterkammern und wertvolle Schutzräume. Zum Beispiel folgende "wilde Elemente" bringen Leben in den Garten:

 

Eine Benjeshecke im Herbst, Foto: Eric Neuling
Eine Benjeshecke im Herbst, Foto: Eric Neuling

 

Totholz: ... zählt zu den reichhaltigsten Lebensräumen. Viele Insektenarten finden darin Nahrung, Verstecke, Bau- und Nistmaterial, z.B. die Blauschwarze Holzbiene, Holzwespen, Goldrosenkäfer, der Gemeine Widderbock u.a.m.

 

Es muss ja keine raumgreifende Totholzhecke (Benjes) sein. Auch schlichte Häufen aus verrottendem Totholz sind ideale Winterquartiere und Futterquellen für Käfer aller Art. 

 



Reisig, Schnittgut und Laubhaufen:
... einfach mal liegen lassen, v.a. im Herbst: Sie bieten Spinnen, Laufkäfern, Vögeln und Igeln wertvolle Verstecke und Winterquartiere.
 

  

Steinhäufen bereichern jeden Naturgarten, Foto: Eric Neuling
Steinhäufen bereichern jeden Naturgarten, Foto: Eric Neuling

„Unkraut“: ... ist vieles nur aus menschlicher Sicht. Für Insekten, deren Raupen und Larven dagegen sind z.B. gerade Brennnesseln das Futterkraut schlechthin. In wilden Gartenecken dürfen daher auch sie und andere „Unkräuter“ wuchern.

 

Trockenmauern und Steinhaufen: Neben größeren Mauern aus Natursteinen sind auch lose Stapel aus Bruch- und Ackersteinen sind reich an Hohlräumen – beste Wohnanlagen für Hummeln und andere Insekten, Mauswiesel und Eidechsen. Idealer Ort für die tierischen Mehrparteienhäuser sind sonnige Plätze vor Gehölzen.

Bäume als kostbare Lebensräume

 

Bietet Ihr Garten auch Platz für Bäume? Dann lohnt es sich, einen oder mehrere zu pflanzen. Denn Bäume sind Leben pur, sie produzieren Sauerstoff und bieten bis zu 5.000 Tierarten einen kostbaren Lebensraum.

 

Bäume sind wie Gasthäuser für unzählige Arten, Foto: K. Herczog
Bäume sind wie Gasthäuser für unzählige Arten, Foto: K. Herczog

Eine gute Wahl sind Obstbäume, etwa alte, schützenswerte Apfelsorten. Denn: 

  • Ihre Früchte schmecken nicht nur uns Menschen, sondern ernähren auch viele Insekten- und Vogelarten.
  • Über das Fallobst freuen sich z.B. Amseln im Winter, aber auch Igel, Dachs und Reh.
  • Der Blütennektar sättigt Bienen, Hummeln und Falter, die Blätter ernähren Wanzen, Blattwespen und Co.
  • In den Kronen brüten Singvögel, in Baumhöhlen und Astlöchern nisten Spechte, Baumläufer, Wendehals,
           Gartenrotschwanz, aber auch Siebenschläfer oder Fledermäuse. 
  • Den mit Algen, Pilzen, Flechten Moos bewachsene Stamm bewohnen Käfer, Ameisen, Asseln, Holzwespen.
  • Zwischen den Wurzeln leben Spitz- und Feldmaus, Igel, Eidechsen, Blindschleichen, Kröten, Regenwürmer. 

Jeder Baum ist also wie ein großes Wirtshaus mit vielen Etagen für die unterschiedlichsten Gäste!

Wasser ist Leben: Teiche und ihre Bewohner

 

Wasserflächen im Garten sind ein zusätzlicher Anziehungspunkt für Lebewesen aller Art und eine wunderbare Gelegenheit für Naturbeobachtungen. Ob Sie nur für einen kleinen Tümpel oder einen größeren Teich mit verschiedenen Tiefen-, Pflanz- und Sumpfzonen Platz haben: Bald ziehen Wasserinsekten wie Rückenschwimmer und Wasserläufer ein, Libellen und Köcherfliegen starten hier als wasserlebende Larven ins Leben. Und mit etwas Glück finden sich auch Gras-, Wasserfrösche, Kröten und Molche ein.

 

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Da die meisten Amphibien nur zum Laichen ins Wasser gehen, sollten sie aber auch an Land Wohnraum finden: Gehölz, Laubhäufen, Totholz, Steine und feuchte Erde. Grasfrösche suchen ab Ende Februar ihre eigenen Geburtstümpel für kurze Zeit zum Laichen auf, Molche verbringen hier ab März ihre rund zweimonatige Paarungs- und Laichzeit und Wasserfrösche den gesamten Sommer.

 

 Ganz wichtig: Alle Tiere im und am Teich siedeln sich selbst an. Ja, es ist sogar verboten, Amphibien anderswo zu entnehmen und im eigenen Teich freizulassen. Und vor allem keine Fische einsetzen, denn diese dezimieren die anderen Arten ziemlich schnell.

Nützlich oder schädlich? Natürliches Gleichgewicht im Garten

 

Unser Urteil ist rigoros: Alles Getier, das unser Gemüse, Obst oder Zierpflanzen anknabbert, ist schädlich. Alle Tiere, welche diese Schädlinge fressen oder unseren Nutzpflanzen bei der Vermehrung helfen, sind Nützlinge. So einfach ist das, aber auch so einseitig und menschenzentriert. 

 

In einem intakten Biotop herrscht ein natürliches Gleichgewicht zwischen Nützlingen und Schädlingen – oder nennen wir sie lieber „Gegenspieler“. Sie sorgen selbst dafür, dass keine Art überhand nimmt. Doch sobald wir Menschen die Hände im Spiel haben, stören wir oft dieses Gleichgewicht - ob durch Monokulturen, exotische Anpflanzungen, überpflegte Gärten - oder das Einschleppen von Schädlingen, die bei uns keine heimischen Gegenspieler haben. 

 

Doch wir können das natürliche Gleichgewicht wiederbeleben helfen, indem ...  

 

Marienkäfer futtern ca. 50 Blattläuse am Tag, Foto: Helge May
Marienkäfer futtern ca. 50 Blattläuse am Tag, Foto: Helge May

 

... wir Nützlinge erkennen und fördern: 

 

§  Marienkäfer, Schweb- und Florfliegen sowie „Ohrenzwicker“ sind die größten Blattlaus-Feinde

 

§  Schlupfwespen sind natürliche Gegenspieler vieler pflanzenfressender Insekten, Raubmilben die Kontrahenten von Spinnmilben.

 

§  Die Spitzmaus ist keine Maus, sondern ein Insektenfresser wie der Igel, der überdies Wühlmausnester aushebt und Schnecken in Schach hält – wie übrigens auch Frösche und vor allem Erdkröten.

Bis 600 Läuse frisst ein Maikäfer in seiner Larvenzeit, Foto: Helge May
Bis 600 Läuse frisst ein Maikäfer in seiner Larvenzeit, Foto: Helge May

§  Den selben Job erledigt der Maulwurf bei Engerlingen, Apfelstechern, Drahtwürmern und Maulwurfsgrille. 

 

 

... wir toleranter gegenüber „Schädlingen“ werden:

 

§  Weder Busch, Baum noch Rose geht sofort ein, wenn darauf Blattläuse siedeln oder Blattschneider-bienen ein paar Blattecken abgesäbelt haben. 

 

§  Gesunde Pflanzen können sich gut selbst gegen eine Übermacht an Futtergästen wehren

Ameisen "halten" Blattläuse als Honigtaulieferanten, Foto: Helge May
Ameisen "halten" Blattläuse als Honigtaulieferanten, Foto: Helge May

 

§ Statt Gift sind daher Kräuterbrühen aus eigener Herstellung (z.B. aus Brennnesseln, Schachtelhalm, Farnkraut, Rainfarn oder Tee) hilfreich. Sie lassen Nützlinge ungeschoren, schrecken Schädlinge ab und stärken gleichzeitig die Abwehrkräfte der Pflanze. 


Der ideale Garten: Vielfalt, Schönheit und Nutzen im "Hortus insectorum"   

Die Idee eines naturnahen, insektenfreundlichen und obendrein ertragreichen Gartens perfektioniert hat der Biologe Markus Gastl mit seinem Dreizonen-Garten „Hortus Insectorum“. Und er zeigt damit, wie gut sich auch Nutzpflanzen auf natürliche Weise in den Garten einfügen lassen.

 

Gastls Idealtypus eines Gartens besteht aus drei Arten von Zonen:

 

1.  Pufferzone(n): Gebildet wird sie von einer vielgestaltigen Hecke aus einheimischen Sträuchern, die den Hortus umgibt – als Schutz gegen schädliche Außeneinflüsse und als End- und Zwischenlager für „Energieüberschüsse“ aus Pflanzenabfällen.

2. H
otspot-Zone(n): Auf mageren oder abgemagerten Böden gedeihen hier vielfältige heimische Blumen und Kräuter. Und hier finden sich die meisten heimischen Insekten ein, die wiederum anderen Tieren als Nahrung dienen.

3. E
rtragszone(n): Hier wird auf humosen Böden Gemüse angebaut.

 

 

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Das Konzept sorgt also für einen natürlichen Dreiklang aus Vielfalt, Schönheit und Nutzen und dient außerdem der Nachhaltigkeit. Nichts wird von außen eingeführt, nichts ausgeführt. Alles verbleibt in einem geschlossenen Kreislauf

 

> Gemüse gedeiht am besten in nährstoffreichem Boden. Der Dünger dafür wird im wilden nährstoffarmen Gartenbereich, der Hotspot-Zone, gewonnen. Aus dieser wandert organisches Material wie abgestorbene Pflanzen und Schnittgut in die Ertragszone und verbessert dort die Bodenqualität.

> Künstliches Düngen entfällt auf diese Weise komplett und die Mulchschichten erübrigen obendrein das Hacken und Jäten. > Schädlinge und Nützlinge halten sich selbst im Gleichgewicht, da der Hortus insectorum einer Vielfalt von Insekten eine Heimat bietet. Auch das schützt wiederum die Nutzpflanzen.

 

Mehr über den Hortus insectorum und ein davon inspiriertes Gärtner-Netzwerk finden Sie hier:

  

www.hortus-insectorum.de
www.hortus-netzwerk.de


Das Gegenteil von Naturgärten:  Leblose Schottergärten

 

Wie gefallen Ihnen Gärten, in denen statt Blumen und Gras nur Kies und Steine „wachsen“? Hier einige Beispiele, anhand derer Sie diese Frage vielleicht ganz spontan beantworten können: 

 

Nicht wenige Menschen scheinen Schottergärten durchaus zu mögen, denn deren Zahl ist in den letzten Jahren stetig gestiegen. Sei es aufgrund eines neuen ästhetischen Stilempfindens oder sei es mangels Lust auf Gartenpflege. Über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten, über Naturgesetze aber nicht. Oder um Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann zu zitieren: „Dass Insekten keine Steine fressen können, dürfte allgemein einsichtig sein“.

 

Denn natürlich weiß der gesunde Menschenverstand: Als Lebensraum für Bienen, Schmetterlinge, Vögel und Co. taugen Steingärten nicht. Obendrein versiegeln sie die Böden, verhindern den Wasserablauf und fördern die Überhitzung der ohnehin stark asphaltierten Städte. Weshalb Baden-Württemberg 2020 den Häuslebauern per geändertem Landesnaturschutzgesetz verbot, Steinwüsten anzulegen. Und andere Bundesländer ebenso. Ein klares Signal, dass jeder einzelne Gartenbesitzer zum Arten- und Insektenschutz beitragen kann und gemäß seinen Möglichkeiten auch sollte.

Übrigens: Dass Schottergärten pflegeleichter sind, ist ohnehin ein Trugschluss ...

 

Wer oben noch nicht genug Steinwüsten gesehen hat und weitere der "schönsten" Schottergärten Deutschlands kennen lernen möchte, der wird auf der Facebookseite "Gärten des Grauens" des Biologen Ulf Soltau, von der auch unsere Beispiele stammen, mehr als fündig. Folgen Sie uns hier
>>> ins Schottergarten-Gruselkabinett